Pankaj Tiwari

TENT und PAPERPLANES

Bericht für das Arbeits-Stipendium im Rahmen von SPIELART

Der Künstler und Kurator Pankaj Tiwari gibt uns einen Einblick in den Arbeitsprozess und die ersten Ergebnisse des Residenzprojekts TENT und der partizipatorischen Performance-Installation PAPERPLANES – zwei Langzeitprojekte, an denen er während des SPIELART Stipendiums 2022 gearbeitet hat.

TENT: A SCHOOL OF PERFORMATIVE PRACTICES (Amsterdam, NL)

"Eines Tages [...] – ich schlief tief und fest – begegnete ich einigen wichtigen Leuten in meinem Traum. Sie sagten mir, dass sich ab dem nächsten Tag alle Institutionen in Europa verändern werden. Ich vertraue wichtigen Leuten. Als ich aufwachte, erzählte ich anderen Menschen, dass sich die Institutionen ab heute ändern würden. Die Leute fingen an, mich auszulachen und mich zu fragen, wie sie sich ändern werden und warum sie das tun sollten.” – Pankaj Tiwari

TENT: A SCHOOL OF PERFORMATIVE PRACTICES ist eine temporäre mobile Einrichtung, die vier Künstler*innen mit unterschiedlichem Hintergrund einlädt, zusammen zu leben und zu arbeiten. Ort der zweiwöchigen Residenz ist Amsterdam. Während des Aufenthalts gibt es die Möglichkeit, gemeinsame Austausch-Treffen und öffentliche Abendessen zu veranstalten.

Mit dem Projekt sollen besonders diejenigen Künstler*innen erreicht werden, die es sich aufgrund finanzieller, soziokultureller und bürokratischer Beschränkungen nicht leisten können, an den etablierten europäischen Institutionen teilzuhaben. Die „Schule der performativen Praxis“ (SCHOOL OF PERFORMATIVE PRACTICES) soll einen Raum schaffen, in dem Künstler*innen gleichberechtigt zusammenarbeiten und ihre kreativen Ideen entwickeln können.

Banyan, ein Zelt

Ich sehe Banyan als eine Metapher für die SCHOOL OF PERFORMATIVE PRACTICES und ihre Struktur. Banyan ist ein Baum mit sehr tiefen Wurzeln. Er wirft von sich aus seine Samen aus. Manchmal dringt er in große alte Gebäude und ihre baulichen Strukturen ein, wächst darin und zerstört diese sogar. Das Zelt (TENT) ist ein zentraler Ort in meinem Projekt. Es ähnelt in seinem Aufbau diesem Baum.

Fragen aus der Projekt-Praxis

Welche Veränderungen wünschen wir uns? Können wir diese im Laufe der nächsten Jahre innerhalb der bestehenden institutionellen Strukturen wirklich vorantreiben? Ist es für eine Institution möglich, sich von dem oft einschränkenden und entmenschlichenden ‚white gaze‘ (weiße Perspektive) zu befreien? Wie könnte das aussehen? Was werden die Praktiken dieser neuen Institution sein?

© Suraj Tiwari
© Suraj Tiwari
© Suraj Tiwari

PAPERPLANES

“The spoke of the wheel was broken, I saw only moving wheels,
Now it's stopped, I am walking ..." –
Aus den Texten von PAPERPLANES

PAPERPLANES ist eine partizipative Performance-Installation, die das westliche Publikum mit der Ethik des Fliegens in einer globalisierten Welt konfrontiert. Die Gedichte und Geschichten, die im Rahmen dieses Projekts entstanden sind, sind politische Reflexionen über den Klimawandel und das Verhältnis zwischen dem Westen und dem globalen Süden, über unterschiedliche Realitäten. Das Flugzeug etwa ist zu einem Symbol für Schamgefühl („Flugscham“) und Umweltverschmutzung geworden, andererseits ist es eine Projektionsfläche für Träume. Wer darf fliegen? Wessen Träume müssen auf dem Boden bleiben?

Gemeinsam mit dem Publikum arbeitet PAPERPLANES an einer Zukunft, die von der kapitalistischen Struktur des Westens vergessen, mutiert und aufgefressen wurde, und spuckt am Ende Samen der Hoffnung und Solidarität aus.

© Pankaj Tiwari

Im Rahmen des Projekts will ich versuchen, insgesamt etwa 15.000 Papierflieger zu falten, denn so viel Geld braucht man auf seinem Konto, um ein Visum für Europa zu bekommen.

PAPERPLANES wird auf dem diesjährigen SPIELART Theaterfestival in München zu sehen sein.

Über Pankaj Tiwari

Der in Balrampur (Indien) geborene und in Amsterdam lebende Pankaj Tiwari ist Künstler und Kurator. Er arbeitet als künstlerischer Leiter für internationale Festivals und Theaterkollektive und war von 2020-23 als Ko-Kurator für die Gessnerallee Zürich tätig. In seiner Arbeit nutzt Pankaj Tiwari Theater, Lebensmittel und Landwirtschaft als Medien für den Aufbau von Gemeinschaften.

Arbeitsstipendium 2022 im Rahmen von SPIELART

Aufgrund der Vielzahl und Vielfältigkeit der außerordentlichen Bewerbungen für das Residenzprogramm in Kooperation mit Artist in Residence Munich: Villa Waldberta, Stadt München, haben wir uns dazu entschlossen, weitere Arbeitsstipendien im Rahmen von SPIELART zu vergeben. Diese remote stattfindenden Stipendien wurden von uns begleitet und mentoriert.

Neben den Künstler*innen Angelinah Maponya und Rajesh Nirmal, ist der Künstler und Kurator Pankaj Tiwari einer diese*r Stipendiat*innen.